Brennereien im Schwarzwald

Vielerorts im Schwarzwald brodelt die Maische in Kupferkesseln und steigen fruchtige Düfte auf. Die Region ist ein Zentrum der Obstbrenner: Von den rund 16.000 aktiven Brennereien in ganz Süddeutschland liegen nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Klein- und Obstbrenner allein 12.000 in Baden-Württemberg – und davon wiederum 8.000 in Baden. Im Ortenaukreis ist man stolz auf die höchste Brennereidichte in ganz Deutschland. Allein in der Gemeinde Oberkirch mit rund 19.000 Einwohnern sind 900 Hausbrennereien registriert.

Wanderwege laden zur kulinarischen Entdeckungsreise ein

Hersteller bieten Verkostungen und Schnapsseminare an, es gibt Feste, Museen, Wanderwege und Lehrpfade zum Thema – beispielsweise den „Brennersteig“ bei Oberkirch und in Sasbachwalden sogar zwei Schnapsbrunnenwege, auf denen Wanderer unterwegs die Erzeugnisse probieren können. Besonders bekannt ist das Kirschwasser, das zum Schwarzwald gehört wie der Bollenhut und die Kuckucksuhr. Auch für die Zubereitung einer Schwarzwälder Kirschtorte braucht man den Obstbrand.

Die Brenner destillieren neben Zwetschgen- und Kirschwasser, Apfel- und Birnenbränden aber auch Spezialitäten: Das Wurzelgemüse Topinambur, das einen erdigen Geschmack mitbringt. Die Wildpflaume Zibarte, deren Destillat „Zibärtle“ eine Marzipannote hat. Sogar vor Tannenzapfen und Tannenspitzen machen die Brenner nicht Halt.

Vor knapp 300 Jahren wurde der Stein ins Rollen gebracht: Kardinal Armand Gaston de Rohan, Bischof in Straßburg, erlaubte 1726 seinen bäuerlichen Untertanen im Amt Oberkirch, Kirschen zum Eigengebrauch zu brennen. Damit schlug er gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Die Landwirte konnten ihre Einkünfte aufbessern, die Wirtschaft in der Region wurde gestärkt und nicht zuletzt flossen Steuergelder in seine Kasse.

Hinzu kommt, dass damals im Süden Deutschlands die Realteilung herrschte: Das Land ging nach dem Tod des Bauern nicht an den ältesten Sohn, sondern wurde gleichmäßig unter den Erbberechtigten aufgeteilt. In dieser kleinteiligen Landwirtschaft konnten die Menschen jede zusätzliche Einnahmequelle brauchen. So wurden die Landwirte, Winzer und Obstbauern zu Nebenerwerbsbrennern.

Gute Früchte gibt es in der Region reichlich, wenn nicht gerade ein später Frost die Ernte dezimiert. Normalerweise bietet die hügelige Landschaft zwischen dem Rhein und den Höhenzügen des Schwarzwalds ein ideales Klima für den Obstbau. „Kirschen, die in der Vorbergzone gedeihen, haben mehr Oechsle als Früchte, die näher am Rhein wachsen“, weiß Klaus Lindenmann, Geschäftsführer des Verbands Badischer Klein- und Obstbrenner in Appenweier.

Einige seiner Mitgliedsbetriebe dürfen seit Jahrhunderten brennen – und damit lange bevor Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1918 das erste Branntweinmonopolgesetz unterzeichnete. Seitdem vergibt der Staat die Brennrechte. „Ihre Anzahl war festgeschrieben, doch innerhalb eines bestimmten Bezirks durften diese Rechte gehandelt werden“, sagt Jürgen Friz, Berater für Kleinbrenner an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg (LVWO). Wenn ein Brenner aufgegeben hat, konnte er sein Recht also an einen anderen verkaufen.

Im Schwarzwald arbeiten überwiegend kleinere Abfindungsbrennereien im Nebenerwerb. Im Gegensatz zu den größeren Verschlussbrennereien, die vom Zoll verplombt sind und keine Mengenbegrenzung haben, dürfen sie im Jahr maximal 300 Liter reinen Alkohols brennen. Ihre Steuer bemisst sich nach der Menge der Maische, die sie beim Zoll vorab anmelden müssen.

Abfindungsbrennereien profitieren von einem günstigeren Steuersatz und sie können Alkohol, den sie nicht selbst vermarkten, zu einem festen Abfindungsbetrag an den Staat verkaufen. Das Privileg widerspricht allerdings den EU-Richtlinien und endete 2017. Verbandschef Lindenmann fürchtet, dass dann viele Brenner aufgeben werden. Inzwischen sind aber auch einige junge und gut ausgebildete Brenner am Werk, die dafür sorgen, dass in der Region das Feuer nicht erlischt.

Destillate:

Genuss: Edelbrände sollten nicht kalt getrunken werden, sonst können sich die Aromen nicht entfalten. „Riechen, nippen und eine Zeit lang stehen lassen, das tut vielen Schnäpsen gut“, rät Fachmann Jürgen Friz von der LVWO. Er empfiehlt ein Glas, das sich nach oben verjüngt, damit sich die Aromen verdichten.

Brand und Geist: Beim Obstbrand werden die vergorenen Früchte, also die Maische, oder der zu Obstwein vergorene Saft gebrannt. Früchte mit geringerem Zuckergehalt, wie Himbeeren oder Schlehen, werden meistens nicht direkt vergoren. Man gibt sie in neutralen Alkohol, entzieht ihnen dadurch das Aroma und brennt aus dem so angereicherten Alkohol den sogenannten Geist.

Whisky und Gin: Für Gin werden Wacholderbeeren und viele weitere Zutaten in Alkohol eingelegt und dann gebrannt. Gemälztes, gemahlenes und anschließend vergorenes Getreide ist hingegen die Grundlage für Whisky, der anschließend einige Monate bis Jahre im Eichenfass lagern muss.